Caspar David Friedrich hat vor 250 Jahren das Licht der Welt erblickt und wir sehen – wenn wir möchten - bis heute durch seine Augen im Angesicht des Menschen in Anbetracht der Natur als ein Gewoge im Gewoge. Der Subjektzentrismus der beginnenden Moderne spaltet sich im romantischen Weltschmerz inmitten einer schon damals unübersehbar industriell beschädigten Natur in eine gesteigerte Aufmerksamkeit für das Metaphorische, das unsere Phantasie, aber auch unseren Ego-Wahn ausdehnt, einerseits, und das leiblich erfahrene und verinnerlichte freundschaftliche Eingewobensein in ein Geschehen andererseits, aus dem heraus und in dem wir zuallererst existieren, fühlen, denken und handeln (könnten). Caspar David Friedrich suchte stimmungsvolle Landschaften auf und skizzierte diese. Aus den Skizzen fertigte er später frei komponierte, ästhetisch aufgeladene, realistisch anmutende Bewusstseins- und Wahrnehmungsstudien vor der in der Atmosphäre schwebenden transparenten Vision eines kosmisch-archaisch aufscheinenden allseitigen Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Bewusstseinsfeldes (von dem wir als Menschen ebenso wie andere Lebewesen ein Teil sind) in Kontemplation der mehr-als-menschlichen Mitwelt – eine Sichtweise, wie sie unseren Vorfahren wohl selbstverständlich war und wie sie Tiere und Pflanzen und Landschaften bis heute verkörpern und wie sie Indigene und auch manche Metamoderne zu rekonstruieren und wiederzubeleben versuchen, zumal diese Resonanzpektive noch immer unsere Existenz grundiert und im Namen der Heilung wieder erweckt werden will. Darauf sich zu besinnen, ist ein Gewahren vergessener Freundschaft als Grundlage einer lebendigen Versöhnung mit der Natur. Da ist etwas, das mehr weiß als wir. Dass die menschliche Sprache mit ihren Bildern die Gefahr birgt, sich in Vorstellungen zu verlieren, machte es nicht leichter, sich dem zu stellen, aber umso drängender.
"Wir Indianer kennen die Stille. Wir haben keine Angst davor. Eigentlich ist Schweigen für uns mächtiger als Worte. Unsere Älteren wurden in den Stimmen der Stille trainiert und haben uns dieses Wissen weitergegeben. "Beobachtet, hört zu und dann handelt", würden sie uns sagen. So lebte man.
Bei euch ist es genau das Gegenteil. Man lernt durch Sprechen. Ihr belohnt die Kinder, die in der Schule am meisten sprechen. Auf euren Partys versucht ihr alle gleichzeitig zu reden. In deiner Arbeit hast du immer Treffen, bei denen jeder jeden unterbricht und fünf, zehn oder hundert Mal reden kann. Und ihr nennt es "Problem lösen".
Wenn du in einem Raum bist und still ist, wirst du nervös. Man muss den Raum mit Klängen füllen. Also sprichst du zwingend, schon bevor du weißt, was du sagen wirst. Unsere Älteren haben uns gelehrt, dass die Erde immer zu uns spricht, aber wir müssen schweigen, um es zu hören.
Es gibt viele Stimmen außerhalb unserer. Viele Stimmen. "
~ Ella Cara Deloria
"Es interessiert mich nicht, womit Du Deinen Lebensunterhalt verdienst. Ich möchte wissen, wonach Du innerlich schreist und ob Du zu träumen wagst, der Sehnsucht Deines Herzens zu begegnen.
Es interessiert mich nicht, wie alt Du bist. Ich will wissen, ob Du es riskierst, wie ein Narr auszusehen, um Deiner Liebe willen, um Deiner Träume willen und für das Abenteuer des Lebendigseins.
Es interessiert mich nicht, welche Planeten im Quadrat zu Deinem Mond stehen. Ich will wissen, ob Du den tiefsten Punkt Deines eigenen Leids berührt hast, ob Du geöffnet worden bist von all dem Verrat, oder ob Du verschlossen bist aus Angst vor weiterer Qual. Ich will wissen, ob Du mit dem Schmerz - meinem oder Deinem - dasitzen kannst, ohne zu versuchen, ihn zu verbergen oder zu mindern oder ihn zu beseitigen. Ich will wissen, ob Du mit der Freude - meiner oder Deiner - dasein kannst, ob Du mit Wildheit tanzen und Dich von der Ekstase erfüllen lassen kannst, von den Fingerspitzen bis zu den Zehenspitzen, ohne uns zur Vorsicht zu ermahnen, zur Vernunft oder die Grenzen des Menschseins zu bedenken.
Es interessiert mich nicht, ob die Geschichte, die Du erzählst, wahr ist. Ich will wissen, ob Du jemanden enttäuschen kannst, um Dir selber treu zu sein. Ob Du den Vorwurf des Verrats ertragen kannst und nicht Deine eigene Seele verrätst. Ich will wissen, ob Du vertrauensvoll sein kannst und von daher vertrauenswürdig. Ich will wissen, ob Du Schönheit sehen kannst, auch wenn es nicht jeden Tag schön ist und ob Du Dein Leben aus Gottes Gegenwart speisen kannst. Ich will wissen, ob Du mit dem Scheitern - meinem und Deinem - leben kannst und trotz allem am Rande des Sees stehen bleibst und zu dem Silber des Vollmondes rufst: "Ja!"
Es interessiert mich nicht, zu erfahren, wo Du lebst und wieviel Geld Du hast. Ich will wissen, ob Du aufstehen kannst nach einer Nacht der Trauer und der Verzweiflung, erschöpft und bis auf die Knochen zerschlagen, und tust, was für Deine Kinder getan werden muss.
Es interessiert mich nicht, wer Du bist und wie Du hergekommen bist. Ich will wissen, ob Du mit mir in der Mitte des Feuers stehen wirst und nicht zurückschreckst.
Es interessiert mich nicht, wo oder was oder mit wem Du gelernt hast. Ich will wissen, was Dich von innen hält, wenn sonst alles wegfällt. Ich will wissen, ob Du allein sein kannst und in den leeren Momenten wirklich gerne mit Dir zusammen bist."
Oriah Mountain Dreamer (* 1954) ist eine in Kanada nördlich von Toronto lebende Schriftstellerin. Sie war als Sozialarbeiterin im Bereich der Krisenbewältigung tätig. Der Name Mountain Dreamer ist ein ihr gegebener spiritueller Name.