|
«Was ist nun das bezeichnendste Merkmal des Zen-Asketentums in Verbindung mit der japanischen Naturliebe? Es liegt darin, daß man der Natur die volle Ehrfurcht entgegenbringt, die sie verdient. Darunter verstehen wir, daß man die Natur nicht als einen Gegenstand der Eroberung und der leichtfertigen Ausbeutung im Dienste des Menschen behandelt, sondern als Freundin und verschwistertes Wesen, das gleich uns selber eines Tages zur Buddhaschaft berufen ist. Zen verlangt, daß wir der Natur als einer befreundeten, uns wohlgesinnten Macht begegnen, deren innerstes Wesen durchaus unserem eigenen gleich und jederzeit bereit ist, im Einklang mit unseren berechtigten Wünschen zu wirken. Die Natur ist niemals ein Feind von uns, der uns ständig in drohender Haltung gegenübersteht. Sie ist keine Macht, die uns zerschmettern möchte, wenn wir sie nicht zerschmettern oder zu unserem Dienst in Fesseln schlagen. Zen lehrt uns die Natur achten, die Natur lieben und ihr eigenes Leben mit ihr leben. Zen anerkennt, daß unsere Natur eins ist mit der gegenständlichen Natur, wenn auch nicht im mathematischen Sinn, aber in dem Sinn, daß die Natur in uns und wir in der Natur leben.»
Suzuki, D.T.: Zen und die Kultur Japans, Stuttgart 1941 |